Acht Minuten aus dem Liebesleben der Stare

Seit einigen Tagen habe ich auf der Spitze einer Korkenzieher-Weide im Nachbarsgarten durch mein Küchenfenster immer wieder einen einzelnen, singenden Star beobachtet.
Das fand ich ungewöhnlich, denn in diesem Innenstadtareal waren noch nie Stare aufgetaucht.
Vor zwei Tagen war ich aber sicher, dass Stare wahrscheinlich irgendwo im Dachbereich des sechsstöckigen Hauses doch eine Nistmöglichkeit gefunden haben mussten: Der Star flog von der Weide immer mal wieder steil nach oben.

Als ich heute Abend gerade anfangen hatte, bei offenem Küchenfenster dampfende Rühreier mit Schnittlauch zu essen, kamen wieder Star-Töne aus der Korkenzieher-Weide im benachbarten Garten.
Irgendwie klang es aber intensiver als sonst – und so legte ich die Gabel hin und holte meine Kamera.
Der Rest ist nahezu selbsterklärend:

Der männliche Star säuselte, was das Zeug hielt.
Dann kam die Starenfrau von irgendwoher rasant angeflogen und setzte sich zu ihm.
Starenmann säuselte noch mehr, zitterte mit den Flügeln und legte eine ordentliche Show hin.
Dann Zack: Paarung für höchstens eine Sekunde.
Danach flog die Starenfrau sofort wieder die Hauswand hoch – ich bin nun sicher, dass die beiden ihren Einzelnistplatz in einer Dachspalte haben...
Der Starenmann räkelte sich noch eine Weile rum und flog dann auch ab.
Die spannende Beobachtung hatte insgesamt acht Minuten gedauert und zumindest die zweite Hälfte der Eier in der Pfanne war danach noch warm.


Fotos und Text © Sabine Streckies, 02.05.2202