Bedrohung von Hirschkäferbeständen durch die Erweiterung des Heizkraftwerkes Dietzenbacher Strasse

Update vom 6. August 2025

Im Zeitraum vom 27. Mai bis zum 14. Juni 2025 wurden insgesamt an 4 Tagen eigene Begehungen des geplanten Erweiterungsgebietes durchgeführt. Am 7. Juni erfolgte die Hauptkartierung mit 17 Freiwilligen, die sich in drei Suchgebieten aufteilten.

In Summe wurden Totfunde von 110 Hirschkäfern aus Vogelfraß festgestellt. 2 männliche Prachtexemplare wurden lebend vorgefunden. Die Details können aus der unten stehenden Tabelle ersehen werden.

Einer unserer beiden Lebendfunde am 7.6. im westlichen Suchraster.

Es handelt sich um ein prächtiges Männchen mit "Hirschgeweih".

 

 

 

 

 

Foto: NABU / G. Dettweiler

Die geolokale Verteilung der o.a. Funde ist in der unten angegebenen Karte dokumentiert. Die rote Linie markiert das von uns begangene Kartierungsgebiet. Hier ist allerdings anzumerken, dass große Teile davon aufgrund von Verbuschung nicht zugänglich waren. Durch Klicken auf die Fundstellen (Zeigefinger erscheint) können Detailinfos wie Datum und Anzahl abgerufen werden. Südwestlich im Plan ist die vorgesehene Ausweichfläche markiert, in die die Stubben umgesiedelt werden sollen. Die konkrete Lage ist noch nicht bekannt.

Bewertung

Was bedeutet dieses Ergebnis nun für das von der UNB vorgeschlagene Maßnahmenpaket aus Sicht des nachhaltigen Naturschutzes?

 

  1.  Zunächst ist festzustellen, dass im Rahmen der Bestandserfassung Tiere durch das Büro für faunistische Fachfragen nur der nördliche Bereich zwischen Bestandskraftwerk und A3 beprobt wurde. Unsere Kartierung erstreckte sich hingegen über das gesamte Planungsgebiet. Ein weiterer Unterschied bestand im Beprobungszeitraum (BfF tagsüber, NABU ab Einsetzen der Dämmerung). Im Wesentlichen bestätigen aber unsere eigenen Daten die Ergebnisse des Gutachtens: das Gebiet ist eine relevante Reproduktionsstätte von Hirschkäfern.

  2. Als weiteres Ergebnis ist davon auszugehen, dass entsprechende Brutstätten von Hirschkäfern im gesamten Planungsgebiet vorkommen, und im Falle von Ausgleichsmaßnahmen in Gänze zu berücksichtigen sind.

  3. Im Entwurf des begründeten Umweltberichts zum Bebauungsplan 655 (Stand 25.2.2025) wird als Ausgleichsmaßnahme A03 die Umsiedlung von mit Hirschkäferlarven besiedelten Eichenstubben (Baumstümpfen) aus dem Geltungsbereich empfohlen. Der Erfolg der Umsiedlung soll in den folgenden Jahren per Monitoringprogramm überprüft werden.

Demnach ist geplant, dass insgesamt ca. 10 geeignete Stubben von der Eingriffsfläche in die geplante Maßnahmenfläche "umgezogen" werden. Ein Standort in unmittelbarer Nähe des Ursprungsortes wird von uns sehr positiv bewertet. Das avisierte Gebiet ist mit 0,8 ha allerdings sehr überschaubar und die Auswahl geeigneter Ersatzstandorte sollte mit Umsicht und Fachkenntnis erfolgen.

 

Angesichts unserer eigenen Ergebnisse halten wir den Umfang dieser Maßnahmen für zu gering. Durch die Baumaßnahme werden weit mehr Hirschkäferpopulationen vernichtet als aus dem BfF-Bericht hervorgeht.

 

Des Weiteren sollen in der Maßnahmenfläche drei Hirschkäferwiegen angelegt werden.

 

Was wir uns wünschen

  • Wir würden gerne mit dem Verfasser des o.g. Umweltberichtes in Kontakt kommen. Wir erhoffen uns dadurch zu verstehen, auf welcher Grundlage die "ca. 10 Stubben" vorgeschlagen werden.
  • im Hinblick auf die Fortpflanzungsbiologie des Hirschkäfers (siehe Rink & Sinsch) und der zu beachtenden Kompensationsverordnung sollte es damit möglich sein einen angemessenen Umfang an umzusiedelnden Stubben und gegebenenfalls Hirschkäferwiegen gemeinsam und einvernehmlich zu erarbeiten.
  • Im Zuge der Umsetzung der Ausgleichmaßnahme würde der NABU gerne in Abstimmung mit der UNB und der ökologischen Baubegleitung die Aktivitäten fachlich begleiten.

weiterführende Quellen

Masterarbeit von Stefanie Zöller (2019): Kartierung einer Hirschkäferpopulation, Uni Göttingen

M. Rink & U. Sinsch: Geschlechtsspezifisches Fortpflanzungsverhalten des 
Hirschkäfers, Mainzer naturwiss. Archiv, 46, s. 195-210 (2008)


Die Stadt Offenbach unterstützt die Erweiterung des bisherigen Müllheizkraftwerkes der EVO an der Dietzenbacher Strasse.

Dazu wurde der Bebauungsplanungsentwurf Nr. 655 erstellt, der bereits öffentlich auslag. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens gab dazu Anfang Mai auch unsere Ortsgruppe eine Stellungnahme ab.

Darin werden von uns im Wesentlichen zwei Aspekte angesprochen:

  • die geplante Umsiedlung von Hirschkäferlarven
  • ein nicht näher beschriebenes Beleuchtungskonzept

Im Falle der Larvenumsiedlung gehen wesentliche Populationen des Hirschkäfervorkommens verloren. Wir haben daher geplant während der Flugzeit der erwachsenen Käfer (Mitte Mai bis Mitte Juli) eine eigene Kartierung im geplanten Bebauungsgebiet durchzuführen. In der Stellungnahme steht dazu:

Der NABU würde gerne eigene Begehungen des Planungsgebiets während der Flugzeit der
Hirschkäfer vornehmen. Wir bitten daher darum bis Mitte Juli 2025 gegebenenfalls ent-
sprechende ergänzende Angaben zu den Standorten der Hirschkäferpopulationen durch uns
zuzulassen. Bitte bestätigen Sie uns diesen Wunsch.

Im Rahmen einer ersten Vorbegehung haben wir an den drei mit roten Kreuzen Punkten eine Vielzahl an Totfunden von Hirschkäferüberresten aus Vogelfraß gefunden. 

Aus dem von der Stadt Offenbach beauftragten Gutachten zur Bestandserfassung Tiere geht gemäß Abbildung 31 aus einem Luftbild hervor, wo im Mai/Juni 2023 Totfunde von Hirschkäfern nachgewiesen wurden, und an welchen Standorten im Rodungsgebiet Eichen und Stubben stehen.

Es fällt auf, dass nur der rot umrandete Bereich beprobt wurde. Wir konnten auch am südlichen Ende des Kraftwerks Nachweise erbringen.

Zur ausgiebigen Kartierung brauchen wir DEINE Hilfe! Bitte hilf uns in der Dämmerung die Bestände der bedrohten Käferart zu erfassen. Wir können dann diese Ergebnisse nachmelden und somit versuchen, den Hirschkäfer zu schützen.

 

Kartierungstermin 1:

Samstag, 7. Juni 2025, von 20 h bis 21:30 h.

Treffpunkt: auf dem Parkplatz vom Heizkraftwerk Dietzenbacher Strasse.

Bitte bringe mit: Stift und Papier zur Erfassung, eventuell eine Taschenlampe, gute Kleidung (lange Hosen, festes Schuhwerk, und ggfl Handschuhe.

 

Kartierungstermin 2:

wurde aus Zeitgründen nicht organisiert. Ersatzweise Begehungen in Kleingruppen (2-3 Personen)

INFO

Der Hirschkäfer ist unser größter Käfer. Vor allem der Hirschkäfer-Mann wird mit seinem „Geweih“
sehr groß. Mit diesen Zangen kämpft er gegen andere Hirschkäfer-Männer, indem er sie vom Ast herunter schubst. Kneifen oder kauen kann er damit jedoch nicht. Darum schleckt er mit der Zunge Baumsaft von der Rinde. Die Hirschkäfer-Frau legt die Eier in morschem Holz, oft in Baumstümp-
fen, ab. Besonders gerne mag sie altes Eichenholz.

Hier kannst Du noch mehr erfahren zum Hirschkäfer:

Der Hirschkäfer in Hessen: Broschüre des HLNUG

Hirschkäfer-Pirsch: Info von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Flyer vom HLNUG: Die grosse Hirschkäfer-Pirsch